Nachworte

Zu drei Bildern 

 

Success. A Long Hard Climb.

Fast ein Genrebild. Fast ein Idyll bzw. Gemetzel. Eine Atmosphäre aus Häuslichkeitsresten, eine Schnur aufgereihter Bilder, Malspuren, zu fadenscheinigen und tropfenden Phantomen verdichtet, ein Gänsemarsch von Häschensilhouetten; Wörter, Weite – 
Der Titel geht auf eine Werbekampagne der US-Regierung in den 70er Jahren zurück. Eine Aufnahme in dem Fotoband „Bilder aus Amerika“ von Jacob Holdt zeigt diesen Spruch in ein Elendsquartier hineinplakatiert, vor dessen Hintergrund die Phrase unangenehm zu schillern beginnt, in der Schwebe zwischen Realität und Reklame, zwischen Appell und Sarkasmus.
Die Bildidee ist durch eine Textzeile von Tom Waits und einen Hörfehler ausgelöst, der „to kill a rattlesnake with a trowel“ (mit einer Maurerkelle) zu „with a towel“ (Handtuch) verkürzte. In dieser Zuspitzung genießt die Vorstellung (eine Klapperschlange zu töten) den Anschein fragwürdigster Praktikabilität und evoziert die Gestalt einer Negerköchin, die in Südstaatenromanen und Filmen der 40er Jahre ihre Tätigkeit am Rande des Hauptgeschehens entfaltete. Durch den Verlust eines Buchstabens bei der Prozedur des Schlangentötens wird die haushälterische Zuverlässigkeit dieses Rollenstereostyps über die Grenzen des Glaublichen hinaus in den Bereich eines Mythos erhoben; und gerät die Nebenfigur ins Zentrum des Bildgeschehens.

»Wir können die Welt immer nur unvollständig sehen; sie mit Willen unvollständig zu sehen, macht den künstlerischen Aspekt.«


(Egon Friedell)
 

Waren zwei Königskinder… 

Dem kleinen unteren Teil ist seine Vergangenheit als Hochformat noch anzumerken; zu steif ist der Winkel zwischen Schulter und Hals für einen Liegenden, und zu unbehilflich verlängert der blaue Handschuh die Schulter ins obere Bild. Verschüttete liegen so, oder gestürzte Denkmäler, mit erstarrten Gesten & monströsem Gruß. Oben schimmern goldene Teiche, über aquarellhaften Schleiern vergossen, raumtiefen. Ferne nimmt silhouettenartig Gestalt an, nach der sich der Arm des Liegenden reckt, zu der er Abstand hält.
Die Beleuchtungssituation ist eine der Nacht, mit feuchten Reflexen, Temperaturdistanzen, unten Kälte… Die Figur scheint in einem Wasser zu treiben; der Bildgehalt bleibt im Unbestimmten, läßt verschiedene Betrachtungsweisen zu, die von der Farbstimmung und den formalen Brüchen geprägt sind. Ein liedhafter Anklang ist im Titel vorgegeben, der den Zusammenhang konkretisieren und Erklärung bieten kann für die formale Beschaffenheit des Bildes, für die Gewaltsamkeit in der Beziehungssituation, der Trennung.
 

 


Papagei, bengalischer Tiger mit Sardinen

Ein sogenannter Kunstdruck: dahingespachtelter Hahn, ist übermalt und unter breit mit dem Spachtel aufgetragener Ölfarbe verschwunden; hat Platz gemacht für Spuren, die sich als Papagei und Tiger lesen und weiterverarbeiten ließen, und für senkrechte rote Farbstreifen, die auf dichtgepackte Sardinen hindeuteten. Riefen mir ein Gemälde von Malcolm Morley in Erinnerung: „Macaos, bengalische Tiger mit Meeräschen“ von 1982, von dessen gewaltigem Farbdschungel hier eine reduzierte und eingeklemmte Variante entstand. 
Malerisch offen und andeutungshaft sind die Tierfiguren; Phantasie muß die Beobachtung ergänzen, Informationen verstärken oder wegfiltern, wie beim Blick auf ein Vexierbild oder in das Durcheinander eines Urwalds. Mit zusammengekniffenen Augen enthüllt sich die Ähnlichkeit des großen Baustellenfahrzeugs vorne mit den Gesichtszügen Ghandis (dasselbe Portrait chargiert übrigens in Benin. Krokodil, Spuren als Adler). Die überscharfe, nach Dali „paranoische“ Interpretation, die das Gesicht in der Maschine identifiziert, kann den kunstgedruckten Hahnenschweif zu Streifen auf dem Fell eines Tigers verwenden.
Der graue Papagei verbindet die rechts angefügte Schwarzweiß-Fotografie mit dem Mittelteil, wird bei der Gelegenheit allerdings zum Loch. Insgesamt ist der Zusammenhang der Bildteile schwach legitimiert; strandguthaft; paradox. Die angesetzten Seitenteile stimmen nicht…
(nimmt man die Anspielung auf Morleys Gemälde ernst, stellt sich die Beziehung zwischen der menschenleeren Tierszenerie und den menschlichen Hinzufügungen als Rekonstruktion einer konflikthaften, belasteten Ökologie dar)
…irritieren (optimistisches Denken ist dialektisch)
und zentrieren Fremdheitsverhältnisse.